Mehr Transparenz in Franchise-Systemen

Businessplan im Franchising

PwC und F&C legen Studie zur Corporate Governance vor

Die Diskussion um Verhaltensstandards für Manager und Geschäftspartner untereinander wie im Verhältnis zu allen anderen gesellschaftlichen Gruppen erreicht die Franchise-Wirtschaft. Eine Gemeinschaftsstudie von PricewaterhouseCoopers (PwC) mit dem Internationalen Institut für Franchising und Cooperation (F&C) beschreibt den Ist-Zustand in den Unternehmensnetzwerken und stellt einen spezifischen Network Governance-Kodex zur Diskussion.

Die Basis dazu schuf eine vom Deutschen Franchise Verband (DFV) unterstützte, breit angelegte Untersuchung, die sich an die über 450 Verbundgruppen in Handel, Handwerk und Dienstleistung richtete. Darin wurde der Handlungsbedarf für eine Ausweitung der Transparenz und Kontrolle von Unternehmens-Kooperationen ausgelotet. Im Ergebnis der Studien zeigten sich Vollzugsdefizite in der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspolitik der Netzwerke. Dazu machten PwC & F&C konkrete Verbesserungsvorschläge – insbesondere für Franchise-Systeme.

Einer für alle

Erfolg und Misserfolg im Franchising hängt von der Stringenz der Markenpolitik ab, die sowohl national wie lokal umgesetzt werden muss. Das Verhalten jedes einzelnen Partners in einem Franchise-System ist damit für die Reputation des gesamten Systems maßgeblich. Die Kreditwürdigkeit des einzelnen Partners hängt wiederum von seiner individuellen wirtschaftlichen Situation wie von der Performance „seines Franchise-Systems“ ab. Hinzu kommt, dass in einigen besonders konstruierten Franchise-Systemen, ähnlich wie bei Verbundgruppen des Handels und des Handwerks, die Partner auch Anteilseigner der Zentrale sind.

Schon aus gesellschaftsrechtlicher Sicht müssen daher Informationen über die aktuelle Geschäftsentwicklung, die künftige Planung und die Risikolage vorliegen. In diesem Zusammenhang stellt die Studie von PwC und F&C die Verantwortlichkeit der Beiräte in einem Franchise-System zur Diskussion, die künftig in ihrer Verbindlichkeit der des Aufsichtsrats in Kapitalgesellschaften entsprechen könnte.

Wahrheit vor der Unterschrift

Der Stellenwert der Informationspolitik von Franchise-Systemen zeigt sich exemplarisch bei der Partner-Akquisition. Hier haben gerichtliche Entscheidungen, die sogenannte Informations-Asymmetrie zugunsten der Zentrale dokumentiert. Die vorvertragliche Aufklärung und die konkrete Information über die Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells sind mittlerweile gerichtsfest definiert. Vor allen Dingen bei jungen Franchise-Systemen, deren Marktentwicklung sich noch nicht verlässlich abschätzen lässt, rückt deshalb das Vorsichtsprinzip in den Mittelpunkt.

Nach dem Vertragsabschluss besteht ein laufendes Informationsbedürfnis aller Partner, da die wirtschaftliche Situation jedes einzelnen Mitglieds nicht nur der Berechung der Franchise-Gebühr dient, sondern der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Gesamtsystems. Darüber hinaus haben die Franchise-Zentrale und die mit ihr zusammenarbeitenden Gremien darauf zu achten, dass nicht einzelne Franchise-Nehmer wie Trittbrettfahrer die Vergünstigung des Systems nutzen, sich ihrerseits aber nicht systemkonform verhalten. Gegenüber so genannten „schwarzen Schafen“ müssen Franchise-Systeme ein Kontroll- und Konfliktlösungskonzept erarbeiten, rät die Studie.

Ethikkodex des DFV

Die Grundlage für ein faires Zusammenwirken von wirtschaftlich unabhängigen Partnern beschreibt der vom Deutschen Franchise-Verband am 27. Juni 2001 in Kraft gesetzte Ethikkodex. Dieser Kodex ist die Neufassung des 1972 von der European Franchise Federation (EFF) herausgegebenen Richtlinien. Der Ethikkodex des DFV definiert die Rechte und Pflichten von Franchise-Gebern und Franchise-Nehmern, das gegenseitige Informationsgebot sowie Maßnahmen der Partnerwerbung, die Auswahl von Franchise-Nehmern und die Ausgestaltung der Franchise-Verträge. Die Regeln für den Umgang im System beschränken sich auf das Verhältnis zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer.

PAS prüft Systeme

Mehr Transparenz bei Franchise-Systemen schafft zudem die so genannte Publicly Available Specification (PAS). Darin sind die für Analysten, Franchise-Fachanwälte und Wirtschaftsexperten maßgeblichen Qualitätsspezifikationen und Ratingmethoden für Franchise-Systeme zusammengefasst. Dieses Evaluierungskonzept wurde im Januar 2004 von der DIN- Institution veröffentlicht. Die PAS-Kriterien beziehen sich explizit auf die Unternehmensstrategie, das Management, das Partnermanagement und den Franchise-Vertrag. Dazu sind unverzichtbare Mindeststandards (Muss-Kriterien) ebenso wie Empfehlungen (Soll-Kriterien) festgeschrieben. Sowohl PAS wie der DFV-Ethik-Kodex empfehlen die Einrichtung eines systemübergreifenden Berichtswesens und die Offenlegung aller relevanten Informationen im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärungspflicht insbesondere gegenüber den neuen Partnern.

Reden macht schlauer

Erfa-Tagungen und sonstige institutionalisierte Gremienarbeit fördern die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Zentrale mit den Partnern und zwischen den Partnern. Die in diesen Foren benannten Friktionen im Systemablauf wie die konkret gemachten Verbesserungs-vorschläge dienen der laufenden Optimierung des Geschäftsmodells. Denn jedes Franchise-System ist nur so stark wie das schwächste Glied einer Kette. Daher hängt die Kreditwürdigkeit jedes einzelnen Franchise-Partners wiederum auch von der wirtschaftlichen Situation des Gesamtsystems und somit aller Partner ab. Das „Value Reporting“ eines Franchise-Systems, also eine kontinuierliche wertorientierte und alle relevanten Zielgruppen beachtende offene Berichterstattung – intern und extern – wirkt somit vertrauensbildend und stärkt die Franchise-Marke.

Theorie und Praxis

Die Gemeinschaftsstudie von PwC und F&C zur Network Governance deckte allerdings vielerlei Vollzugsdefizite auf. Nicht einmal jedes fünfte Franchise-System verfügt über ein standardisiertes Berichtssystem gegenüber Banken, Lieferanten und Finanzverwaltung. Die Auskunft über Umsatz, Eigenkapital, Investition oder Marketingausgaben sowie die Vergütung der Geschäftsführung, wird von Franchise-Systemen restriktiv gehandhabt: Den Umsatz geben 73,8 Prozent der Franchise-Systeme an, Marketingausgaben (64,3 Prozent) und Investitionen (38,1 Prozent). Zum Eigenkapital geben nur 7,1 Prozent der Auskunft.

Die Vergütung der Geschäftsführung ist gänzlich Tabu, obwohl die Offenlegung der Gesamtbezüge der Geschäftsführung nach § 285 Ziffer 9aHGB zwingend vorgeschrieben ist. Blind unterwegs Lediglich 42,5 Prozent der Franchise-Systeme geben an, dass sie bereits ein Risikomanagementsystem implementiert haben. Gerade in einem Franchise-System multiplizieren sich aber Fehler und so können sich wie beim Dominoeffekt selbst kleine Probleme zur Systemkrise auftürmen. Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts München vom 5. April 2007 stellt die unterlassene Dokumentation des Risikomanagementsystems einen schweren Gesetzesverstoß dar.

Hilfreich wäre laut Studie der Aufbau eines Controllingsystems, das die Performance des Systems mit der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Partner abgleicht. Dazu muss zunächst ein entsprechendes Reportingsystem installiert werden. Denn die Leistungsstärke der einzelnen Partner kann mittels einer betriebswirtschaftlichen Analyse erst anhand vergleichbarer Markt- und Wettbewerbssituationen sowie den standort- und betriebstyp-spezifischen Benchmarks ermittelt werden. Zur Abrundung der Partner-Checks setzen Franchise-Zentralen verstärkt das Instrument des „Mystery Shoppings“ ein.

Die Berichte von anonymen Kunden geben unverblümt Aufschluss über den tatsächlichen Leistungsstandard der Systempartner und ihrer Mitarbeiter. Mit diesen objektiven Testberichten können die internen Betriebsberater exakt die Verbesserungspotentiale aufzeigen und durch Schulungsmaßnahmen und andere Unterstützungsleistungen Missstände beheben. Die Prüfung des Leistungsstandes der Netzwerkpartner spielt in Franchise-Systemen eine ebenso große Rolle. So gaben 83 Prozent der befragten Franchise-Systeme an, dass sie Vor-Ort-Audits durchführen sowie das sogenannte Mystery-Shopping, was in 48 Prozent der Franchise-Systeme Anwendung findet.

Beiräte tragen Verantwortung

Eine besondere Verantwortung tragen die Beiräte sowie Ausschüsse und Erfahrungsaustauschgruppen. Die Beiräte bestehen meist aus Vertretern der Franchise-Systeme und der Zentrale die sich gemeinsam um die Fortentwicklung des Franchise-Systems kümmern. Die Arbeit von Arbeitskreisen und Ausschüssen ist meist auf spezifische Problemstellungen, beispielsweise die Einrichtung eines neuen EDV-Systems oder eines Online-Vertriebsweges beschränkt. Immerhin arbeiten in sieben von zehn Franchise-Systemen Beiräte und wirken zur überwiegenden Zufriedenheit der Systempartner (90 %).

Die Arbeit von Arbeitskreisen und Erfa-Gruppen wird hingegen lediglich bei sechs von zehn Franchise-Systemen kontinuierlich genutzt. Ausbaufähig scheint auch die Einrichtung von Schlichtungsstellen zu sein, die im Konfliktfall als interne Ombudsmänner fungieren. Solche Institutionen gibt es erst in einem Fünftel aller Franchise-Systeme. Sehr sorgfältig gehen Franchise-Systeme bei der Auswahl der Beirats-mitglieder vor, bei denen die fachliche Qualifikation ebenso wie die persönliche Integrität im Vordergrund stehen. Wegen der höheren Kritikfähigkeit berufen 52 Prozent der Franchise-Systeme inzwischen externe Fachleute in dieses Kontrollgremium.

„Die nunmehr vorliegenden Studienergebnisse, wie der Entwurf zu einem Network Governance-Kodex, schafften die Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen bei allen Zielgruppen – Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden, Banken, staatlichen Institutionen sowie der Öffentlichkeit insgesamt und speziell den Medien als Meinungsmultiplikatoren“ erklärt Harald Ewig, PwC-Partner und Leiter des Kompetenzcenters für Verbundgruppen und Kooperationen mit Sitz in Düsseldorf. Über den Sinn der nunmehr einsetzenden Diskussion herrscht derweil schon breiter Konsens. Denn 84 Prozent der Franchise-Systeme rechnen damit, dass Network Governance zum positiven Geschäftserfolg beiträgt.

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