Warum schlingert Vapiano?

Vapiano-Vorstand Vanessa Hall

„Das Management hat alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“, sagt Andreas Massek von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), so berichtet aktuell der Kölner Stadtanzeiger nach der Hauptversammlung in Köln.

Das Sanierungskonzept für die kommenden Jahre, das auf der Hauptversammlung vorgestellt wurde, bestätigt nur den bereits eingeschlagenen Korrekturkurs: Das Unternehmen will künftig stärker auf Franchise setzen. Es will sich von unprofitablen Standorten trennen und die Expansion deutlich eindämmen. Die Standorte in Australien und China sollen bis 2020 verkauft werden, berichten Aktionäre.

Die Firma retten soll nun die Britin Vanessa Hall (52): Ab September ist sie die Nachfolgerin von Everke und übernimmt den Vorstandsvorsitz. Hall sitzt seit August 2018 im Aufsichtsrat der Vapiano SE. Als Aufsichtsratsvorsitzende habe sie „den Prozess der strategischen Neuausrichtung und der Refinanzierung eng begleitet. Sie hat sich bereiterklärt, das Unternehmen bis mindestens Ende April 2020 zu führen“, heißt es in einer Mitteilung von Vapiano.

2019 wurden bislang fünf Standorte geschlossen und acht neu eröffnet. Drei geplante Standorte sollen nun gar nicht erst eröffnet werden, sagen die Aktionäre, darunter einer in London, der Investitionen im Rahmen von 2,9 Millionen Euro erfordert hätte und einer in München. Bis 2022 sei die Finanzierung gesichert, ab 2021 soll Vapiano zurück in die Gewinnzone.

So far, so good! Der Trendforscher und Gastronomie-Experte Pierre Nierhaus meint, es liege nicht an der Grundidee der Restaurants, dass Vapiano in die Krise geschlittert ist. „Diese Form der Gastronomie nennt man Fast Casual und das ist an sich ein tolles Konzept“, sagt Nierhaus im Gespräch mit Business Insider. Die US-amerikanische Kette Chipotle hätte zuletzt bewiesen, dass ein Schnellrestaurant mit angenehmer Atmosphäre und hoher Qualität des Essens, in dem der Kunde quasi mithilft, sich bewähren kann. Genau das alles würde Vapiano auch bieten. Das Problem liegt in der Ausführung. „Die Grundidee, dass man sich bei Vapiano wie in der Küche eines guten Freundes fühlt, ist nicht mit dem Unternehmen mitgewachsen“, sagt Nierhaus, der internationale Unternehmen in Sachen Gastfreundlichkeit berät.

Bestätigt Gastroniemoeexperte Michael Lidl vom Beratungsunternehmen Treugast: „Das Unternehmen hat sich übernommen, weil es auf Wachstum gesetzt und dabei den Gast aus den Augen verloren hat.“ Die Karte sei immer umfangreicher geworden, die Gerichte komplizierter, dadurch komme es häufig zu langen Wartezeiten. Da jene, die die Gerichte zubereiten, zumeist keine gelernten Köche seien, hätte sich das Unternehmen überhoben, als es das Speisenangebot erweiterte. „Je komplizierter die Gerichte sind, desto höher ist die Fehleranfälligkeit.“ Zudem seien die Speisen teurer geworden. „Die schnelle, einfache und frische Küche ist aber immer das Verkaufsargument Nummer eins von Vapiano gewesen“, sagt Lidl.

Auch Nierhaus bezeichnet gegenüber Business Insider das aktuelle Konzept von Vapiano als „zu kompliziert“. „Diese Chipkarten waren vor 13 Jahren vielleicht modern, aber mittlerweile kann man bei manchen Ketten schon per App mit dem Handy im Vorhinein bestellen und bekommt sein Essen oder Getränk dann frisch und warm, sobald man das Restaurant betritt.“

Auch für ihn sind die langen Wartezeiten ein „Pain Point“, ein Schwachpunkt. Viele Restaurants würden schon auf flexiblere Konzepte setzen, bei denen man sich zu Stoßzeiten selbst bedient und außerhalb der geschäftigeren Zeit bedient wird. Der Kunde sollte sich zudem auch in einer Systemgastronomie fühlen, als wenn es einen Gastgeber geben würde.

Genau diese Schwachpunkte hat wohl auch Vapiano-Chef Cornelius Everke erkannt, der überraschend seinen Rücktritt bekannt gegeben hat. 49 verschiedene Gerichte hatte Vapiano dauerhaft auf der Karte, plus zehn saisonale Gerichte, zudem konnte man unter elf verschiedenen Pastasorten wählen. Das sei zu viel, zumal es Bestellungen kompliziert mache, sagte Everke im Juni. Einen asiatischen Salat brauche man zum Beispiel künftig nicht mehr.

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