Franchise-System im Zwielicht

Firmengründer Wolfgang Grenke unter Verdacht

Der Fall GRENKE und das Image des Franchisings

Mit der Finanzierung über Leasing, Factoring und ausgewählten Bankleistungen wie Kredite bedient Wolfgang Grenke vorzugsweise Selbständige und Mittelständler. Seit 1978 hat der Unternehmensgründer damit ein respektables Familienunternehmen aufgebaut, das den Sprung an die Börse schaffte. Doch im Zenit seines Lebenswerkes ereilt nun den 69-jährigen Gründer eine Breitseite an Anschuldigungen von dem britischen Finanzinvestors Fraser Perring, der das Potemkin’schen Imperium von Wirecard gegen harten Widerstand dank der hartnäckigen Berichte in der Financial Times zu Fall brachte.

Nach Wirecard attackiert der ehemalige Sozialarbeiter von der Insel den sozial bestens vernetzten Firmengründer und Franchisegeber. Der Financier des Baden-Badener-Festspielhaus, Aufsichtsratchef des Karlsruher Sportclubs und Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag steht unvermittelt im Regen der öffentlichen Bühne. Die in einem 64 seitigen Dossier erhobenen Vorwürfe reichen von Marktmanipulation bis zu Geldwäsche. Heftig attackiert legte er am Wochenende kurzerhand sein Aufsichtsratsmandat mit sofortiger Wirkung nieder, bis die Vorwürfe aus der Welt geräumt seien. Ein Sondergutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG soll kurzfristig für Aufklärung sorgen.

Ins Fadenkreuz der Kritiker gelangte dabei auch das Franchise-System von Grenke, da er in seiner Doppelrolle als Aufsichtsrat der GRENKE AG und Gesellschafter der Zweckgesellschaft CTP wiederum an einzelnen der im Franchisesystem organisierten Landesgesellschaften beteiligt sei und sich daher persönlich beim Ankauf von erfolgreichen Franchisenehmern bereichert habe. Die negative Konnotation des Franchisings im Fall GRENKE steht somit im Raum und kratzt am Image dieses Expansionsmodells, das bei GRENKE als Erfolgsfaktor gilt; worin die Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) unter der Headline „Grenke schießt zurück“ vom 19. September allerdings einen „unüblichen Weg“ erkannte.

Deshalb bezog Wolfgang Grenke prompt Stellung: „Dass ehemalige Mitarbeiter sich als Geschäftsführer der Franchisenehmer selbstständig machen, ist kein Makel, sondern im Gegenteil gerade eine der ganz großen strategischen Stärken von GRENKE. Denn diese erfahrenen Mitarbeiter bringen nicht nur Unternehmergeist mit, sondern kennen auch das Unternehmen, die internen Prozesse, den Markt und die Produkte sehr genau.  Umgekehrt hilft ihnen die CTP beim Aufbau und der Markterschließung in den Anfangsjahren.“

Ernst-Moritz Lipp, Aufsichtsratsvorsitzender der GRENKE AG, ergänzt: „Nach etwa fünf Jahren hat der GRENKE Konzern die Chance, diesen Gründern das Franchise-Unternehmen abzukaufen. Die Konditionen sind von Beginn an festgelegt. Für beide Seiten ist dies also eine Win-win-Situation. Die Gründer unserer Franchise-Unternehmen haben eine klare Planungsgrundlage, bestmögliche Unterstützung und eine attraktive Perspektive. Und die GRENKE AG weiß in jedem Fall sehr genau, was sie kauft. Wir kaufen nur, was überdurchschnittliches Potenzial hat.“

Zur Einordnung des Falles befragte FRANCHISINGmag den Franchise-Experten Reinhard Wingral aus dem Ostseebad Eckernförde. Seine Einschätzung: „Die Strategie zur Übernahme mit einem festgelegten Bewertungsmodell ist intelligent und reduziert unkalkulierbare Konflikte und zeitliche Blockaden im Gesellschafterkreis ganz erheblich. Dass die fachliche Qualifikation der Franchisenehmer einen höheren Stellenwert hat als deren Eigenkapital oder die Einstiegsgebühr macht einerseits Sinn. Andererseits wäre es für die grundsätzliche Entwicklung des Systems nützlich, durch qualifizierte externe FN strategische Impulse und “frisches Blut” ins Unternehmen zu bekommen.“

Insoweit erteilt Experte Wingral den um Reputation kämpfenden Franchisegeber einen Persilschein. Doch der Fall ist noch längst nicht abgeschlossen. Daher mahnt Wingral, „zum Vorwurf der Intransparenz kann ich nichts sagen. Es gibt im Wirtschaftsleben jedoch häufig die Situation der sogenannten faktischen Geschäftsführung, d.h. die offiziellen Organe einer Gesellschaft sind das Eine, die tatsächlichen Gestalter der Geschäftspolitik das Andere.“

Fazit: Bleibt nur zu hoffen, dass die sachliche Beurteilung der Franchise-Volte auch von den KPMG-Prüfern geteilt wird und alle weiteren Vorwürfe entkräftet werden können. Anderenfalls droht erneut ein Kratzer am mühsam aufgebauten Franchise-Image, das in der Vergangenheit durch unfaire Systeme wie Burger King, Subway oder EISMANN immer wieder Schaden erlitt.

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