Franchisenehmer und Franchise-Vertrag

Franchisenehmer und Vertrag

Partnerschaft auf Augenhöhe bedarf eines gesicherten Rechtsrahmens.

Beim Franchising geht es für Franchisenehmer um weit mehr als um einen Lizenz-Vertrag, es handelt sich beim Franchise-Vertrag um einen Mischvertrag. Darin fließt die Essenz einer Vielzahl von Rechtsgebieten ein: Allgemeines Schuldrecht (Vertragsrecht), insbesondere AGB-Recht; Kaufvertragsrecht, Verbraucherkreditrecht, Dienstvertragsrecht, Recht der Geschäftsbesorgungsverträge, Pacht-/Lizenzrecht, Kartellrecht, Markenrecht und gewerbliches Mietrecht. Worauf es inhaltlich und formal ankommt, wird nachfolgenden für den juristischen Laien erhellend dargestellt.

Die Knackpunkte für Franchisenehmer im Franchise-Vertrag

Ein Franchise-Vertrag regelt die zukünftige Geschäftsbeziehung zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer und sollte mindestens folgende acht Punkte beinhalten:

1. Geben und Nehmen: Der Franchise-Vertrag gestaltet die Beziehung zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer. Der Franchise-Geber gewährt dem Franchise-Nehmer die Nutzung von gewerblichen Schutzrechten und Know-how. Der Franchise-Nehmer zahlt dafür eine Eintrittsgebühr und laufende Nutzungsgebühren (Franchise-Gebühren).

2. Selbstständigkeit des Franchise-Nehmers:

Der Franchise-Nehmer handelt als selbstständiger Unternehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Dies unterscheidet ihn von einem Handelsvertreter, der in fremdem Namen und auf fremde Rechnung tätig ist.

3. Weisungs- und Kontrollrechte:

Um ein einheitliches Auftreten am Markt zu gewährleisten, vereinbart der Franchise-Geber häufig enge Weisungs- und Kontrollrechte gegenüber dem Franchise-Nehmer. Die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Franchise-Nehmer wird vor allem hinsichtlich des Markenschutzes zum Teil eingeschränkt.

4. Vorvertragliche Aufklärungspflichten:

Der Franchise-Geber muss den Franchise-Nehmer über die Rentabilität des Systems informieren. Der Franchise-Geber ist schadensersatzpflichtig, wenn er diese Aufklärungspflichten verletzt.

5. Verbraucherschutz und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB):

Franchise-Vereinbarungen gelten in der Regel als AGB. Sie unterliegen bestimmten gesetzlichen Grenzen, insbesondere wenn der Franchise-Nehmer ein Existenzgründer ist.

6. Widerrufsrecht:

Bei Existenzgründungen durch Franchise-Verträge hat der Franchise-Nehmer ein Widerrufsrecht. Der Vertrag muss schriftlich abgeschlossen werden, und der Franchise-Nehmer muss über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt werden.

7. Pflichtenkatalog:

Dazu gehören die Verpflichtungen zur Warenabnahme, Gebiets- oder Kundenschutz, die Höhe und Bezugsgröße der Franchise-Gebühren, Werbeaufwendungen, Schulungskosten, Teilnahme an der Fortentwicklung des Franchise-Systems, Vertragsstrafen, Kündigungsfristen und die Regelung der Folgen der Vertragsbeendigung.

8. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot:

Mit dem Ende einer Franchise-Partnerschaft stellt sich die Frage, ob der nun Branchenkundige unter eigener Flagge weitermacht. Deshalb kann vereinbart werden, in welchem Umfang und gegen welchen finanziellen Ausgleich ein Konkurrenzschutz vereinbart wird.

Die Fallstricke erkennen

Gegenstand der Franchise:

Es bedarf einer realistischen Beschreibung der Geschäftsidee mit ihren Chancen und Risiken. Dabei spielt die Bekanntheit und das Image der Marke eine entscheidende Rolle, für sie müssen entsprechende Schutzrechte bestehen. Eine Kopie des Markenschutzes sollten dem Vertrag beigefügt sein.

Vertragsgebiet:

Es muss klar gegen den Einzugsbereich anderer Franchise-Nehmer abgegrenzt werden, möglichst unter Angabe von Postleitzahlen oder einer Gebietskarte. Bei den Umsätzen, die der dynamisch wachsende Online-Handel vieler Franchise-Marken generiert, hat sich ein auszuhandelnder fairer Verteilungsschlüssel zwischen Zentrale und Partnern bewährt.

Vertragsdauer:

Der Vertrag sollte eine Laufzeit von mindestens fünf Jahren haben und mindestens eine Verlängerungsoption beinhalten, so dass sich eine Gesamtlaufzeit von 10 Jahren oder mehr ergibt. Die Laufzeit sollte in einem vernünftigen Verhältnis zur Investition stehen: Je höher die Investitionen, desto länger sollte der Vertrag laufen. Bei der Prolongation sollte keine erneute Einmalgebühr fällig werden. Eine unbefristete Laufzeit verstößt allerdings gegen geltendes Recht.

Vorbereitungen und Eröffnung:

Hier muss der Standort genau bezeichnet werden. Handelt es sich um einen bestehenden Franchise-Betrieb am Standort, der im Zuge der Nachfolge angeboten wird? Oder geht es um die Eröffnung im Zuge der Expansion in einem neuen lokalen Markt, für dessen Auswahl eine belastbare Standortanalyse eines neutralen Experten vorliegt

Rechte und Pflichten:

Die Rechte und Pflichten beider Partner – Franchisegeber wie Franchisenehmer sollten detailliert aufgelistet sein.

Handbuch:

Das gesamte Wissen, also das Know-how oder die Betriebsgeheimnisse rund um die Geschäftsidee, muss detailliert erklärt sein und die Umsetzung entsprechend geschult werden. Gibt es dazu ein Franchise-Handbuch als Basisinformation – ob als Print-Version oder im Intranet des Franchisegebers?

Trainings:

Welche Schulungen werden geboten? Wird unterschieden zwischen Erstschulung und laufender Schulung? Wer wird geschult? Zählen zu den Teilnehmern auch Mitarbeiter und welche Kosten fallen an?

Meetings: Die Schwarmintelligenz einer Franchise-Organisation sollte systematisch aktiviert werden. Dazu dienen regelmäßige regionale Treffs vor Ort und natürlich fakultativ auch eine Web-Konferenz. Ziel ist der strukturierte Erfahrungsaustausch bei vergleichbaren Marktbedingungen der Standorte. Einmal im Jahr findet das große Treffen in Form eines Workshops aller Akteure im System – Franchisenehmer, eventuell Führungskräfte der lokalen Leistungs-Teams und die Experten aus der Franchise-Zentrale

Know-how-Transfer: Die „EG-Gruppen-Freistellungsverordnung für Franchise-Vereinbarungen“ muss beachtet werden. Denn Wettbewerbs einschränkende Reglungen in der Wirtschaft, die gegen das Kartellverbot verstoßen, bedürfen als Ausnahme einer Legitimierung durch die sogenannte Gruppenfreistellung.

Wareneinkauf- und -verkauf:

Müssen sämtliche Waren beim Franchise-Geber eingekauft werden? Eine 100-prozentige Bezugsverpflichtung ist nur zulässig, wenn der Franchise-Geber die Waren entweder selber herstellt, oder wenn nur bei der Lieferung durch den Franchise-Geber der erforderliche Qualitätsstandard sichergestellt ist. Schreibt der Franchise-Geber Verkaufspreise vor? Dies wäre ein Verstoß gegen geltendes Wettbewerbsrecht.

Werbung:

Wie wirbt die Systemzentrale? Gibt es Vorlagen für regionale Werbung? Gibt es überregionale Werbung? Wie verteilen sich die Kosten?

Selbständige Stellung des Franchise-Nehmers:

Handelt er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung? Besitzt er Personalhoheit?

Geheimhaltungsklausel:

Wie hoch ist die Vertragsstrafe bei Zuwiderhandlungen?

Abwerbeverbot:

Dürfen andere Franchise-Nehmer und der Franchise-Geber Ihnen Ihre Mitarbeiter abspenstig machen? Diese Verpflichtung gilt auch umgekehrt! Wie hoch ist die Vertragsstrafe?

Aktualisierung: Franchiseverträge unterliegen als sogenannte Formularverträge der Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB, dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das hat zur Folge, dass die Geschäftsbedingungen und Klauseln sich stets im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung dazu befinden müssen.

Ausblick: BGH und EU prägen die Rechtspraxis

Die Rechtsprechung rund um das Franchising bleibt dynamisch und wird sich neuen Themen widmen. Gesellschaftliche Fragen wie Rentenversicherungspflichten und Scheinselbstständigkeit oder erweiterte Widerrufsoptionen von Franchisenehmern stehen ebenso zur Debatte wie der Datenschutz. Der Komplexität der Franchise-Verträge wird somit weiterhin Vorschub geleistet. Immer wieder kommt daher der Ruf nach einer universellen gesetzlichen Lösung auf. Im Gegensatz zu Ländern wie Schweden, Frankreich, Italien und vielen US-Bundesstaaten im Mutterland des modernen Franchisings, gibt es hierzulande kein allumfassendes Franchise-Gesetz. Stattdessen hat sich über Dekaden hinweg in vielen Prozessen bis zur letzten Instanz dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, eine ausgeurteilte, Rechtspraxis parallel zur zunehmenden Bedeutung des Franchisings entwickelt. Die Liste höchstrichterlicher Urteile ist mit den Namen etlicher veritabler Franchise-Systeme verknüpft: SIXT, Apollo Optic, Stinnes, Sunpoint, Burger King, SUBWAY, Personal Total oder EISMANN.

Die Tatsache, dass Franchisenehmer im Verbund mit einem Franchisegeber wirtschaftlich gesehen ein Kartell bilden, das nur mittels Eignungsprofil und bei Bezahlung einer „Eintrittsgebühr“ anderen Marktteilnehmern offensteht und ihre Preispolitik harmonisiert ist, rief die Wettbewerbshüter aus Brüssel auf den Plan. Die Lösung des ordnungspolitischen Dilemmas weisen die sogenannte EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, die auf Franchise-Systeme anwendbar sind; sie sind zwar kein pauschaler Freibrief sondern haben nur im jeweiligen Einzelfall Relevanz; allerdings liegt die Messlatte für die Ausnahme von der Regel (Kartellverbot) hoch. Es gilt eine Marktanteilsschwelle von 30 Prozent, die nur wenige Franchise-Systeme erreichen.

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