Gründerwelle im Franchising?

Gründerwellle start-up

Millionen Deutsche bangen um ihren Job und müssen sich in Folge von Pandemie und Lockdown beruflich völlig neu orientieren. Bereits jetzt steigt die Anzahl der Notgründungen sprunghaft. Die Nachfrage nach bewährten Geschäftsideen vermag aber die darauf spezialisierte Franchise-Industrie nur bedingt befriedigen und verpasst womöglich eine Jahrhundert-Chance. Der Grund: Seit Jahren lassen die Verantwortlichen und ihre Institutionen jede konzertierte Aktion zur Verbesserung des Bekanntheitsgrades des Franchising hierzulande vermissen.

So versucht es die Masse der Gründer immer noch auf eigene Faust, übernimmt bestenfalls ein etabliertes Geschäft oder dreht als Startup mit Blick auf die Börse am großen Investoren-Rad. Aber seit Jahren stagnieren laut KFW die Gründerzahlen bei etwa 547.000 Existenzgründern 2918 im Vergleich zum Vorjahr nur noch leicht gesunken, zuletzt erstmals 2019 eher wieder steigend, und bleiben europaweit weiter Schlusslicht. Dass Deutschland sich jetzt in ein Gründerland verwandelt, bleibt aber alternativlos.

Doch Staatshilfen und Kurzarbeit verdecken das ganze Ausmaß der ökonomischen Folgen durch die Pandemie. Experten erwarten bis Ende 2021 die größte Pleitewelle in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Auf bis zu 21.000 Fälle könnte die Zahl der Insolvenzen ansteigen, so aktuell das Handelsblatt.

Nachtschichten für Franchise-Manager

Dennoch müssen sich mindestens 10 Millionen Deutsche beruflich völlig neu orientieren und einen soliden Businessplan entwerfen, die die Banker letztlich überzeugt und dann erst den Hahn öffnet für die staatlichen Fördermittel. Die Zahl der jetzt schon einsetzenden Notgründungen dürfte ab Herbst förmlich explodieren Die von cleveren Existenzgründungsberatern ohne Franchise-Kenntnis derzeit schon als Strohhalm angepriesene Zahl von 1.000 Franchise-Geschäftsidee dürfte sich bei einem harten Faktencheck als Fata Morgana erweisen – allenfalls 400 Franchise-Systeme sind zukunftsfähig und dazu expansiv. Das Geschäft mit den Geschäftsideen dürfte wie schon zu den hohen Zeiten des Multi-Level-Franchisings unseriöse Marktakteure in den 80ziger Jahren des letzten Jahrhunderts anlocken.

Für den weitaus größeren seriösen Teil der Franchisewirtschaft heißt es somit, die Spreu vom Weizen unter den Franchise-Aspiranten schnell und zielsicher zu trennen, und zu klären ob die Interessenten wirklich das Zeug zu einem haben, der das Rad nach vorn drehen und nicht erst neu erfinden will. Bei der anstehenden Besetzung der verbliebenen weißen Flecken auf der Vertriebs-Landkarte oder die Neubesetzung freiwerdender Standorte von Franchisenehmern, denen nur bis Oktober eine Gnadenfrist verbleibt, um ihre Insolvenz beim Amtsgericht anzumelden, müssten Franchise-Manager deshalb wohl Nachschichten einlegen. Denn mangels solider Geschäftsideen wird ein Run auf Franchising einsetzen, um die Notgründung zu optimieren.

Die Leads werden also sprunghaft steigen und die Qualifizierung der Kandidaten wird die personellen Ressourcen in den revitalisierten Franchise-Zentralen vielfach überfordern. Dann gilt es, ob sich die bittere Erfahrung der IHK´s und Gründerzentren mit ihren tausendfach im Sande verlaufenden Kontaktgesprächen wiederholt. Die Franchise-Wirtschaft würde damit allerdings den jetzt möglichen großen Sprung nach vorn verpassen. Feststeht: Die nächste Jahrhundert-Chance für einen nationalen Franchise-Boom wird so schnell hoffentlich nicht wiederkommen.

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