Im Interview mit franchising-network-Autor Knut Pauli erklärt Timo Marschall vom Beratungsunternehmen Franchise 4X die richtige Strategie für ein erfolgreiches Franchise-Unternehmen.
Franchising-network.de: Die Gewinnung neuer Partner ist und bleibt der größte Engpass aller Franchise-Systeme. Was läuft da falsch?
Marschall: Viele Franchise-Systeme haben es aktuell noch nicht geschafft, ein eigenes System zu installieren, dass ihnen jeden Monat messbare und berechenbare Ergebnisse in Form von Leads, Prospects und Sales liefert. Stattdessen werden hier und da verschiedene Maßnahmen gebucht und so wertvolles Budget und Zeit verschwendet. Genau da setzen wir bei FRANCHISE 4.X an.
Vom vermeintlichen Gründer-Boom Ist schon lang keine Rede mehr. Ist die angesagte Generation Z überhaupt noch gründungswillig?
Ja, die Anzahl der Gründungen geht laut Gründungs-Monitor zurück, das ist richtig. Trotzdem sehen wir wie unsere Kunden wachsen und tolle Ergebnisse erzielen, oder bei Veranstaltungen wie dem „Founder Summit“, der Anfang April 2024 in Wiesbaden stattfand, über 8.000 Gründungs-willige Menschen kommen, die sich über die Themen Unternehmertum, Gründung und so weiter informieren möchten. Nur findet bislang das Thema Franchising in dieser neuen Gründer-Szene einfach nicht statt – das werden wir für 2025 ändern und planen eine „Franchise-Area“ dort zu etablieren, die ergänzend zu anderen Kanälen eine Zielgruppe anspricht, die Franchising als Option noch gar nicht „auf dem Schirm“ hat.

Welche Rolle spielten früher und spielen heute im digitalen Zeitalter die diversen Franchise-Portale, die sich der Leadgenerierung rühmen?
Franchise-Portale… nun, das ist ein ambivalentes Thema. Ich möchte diese Frage mal mit den Rückmeldungen aus vielen, vielen Gesprächen mit Franchise-Gebern beantworten:
Sie liefern Leads, oft aber nicht in der gewünschten Qualität. In bestimmten Fällen kann auch eine Platzierung auf einem Franchise-Portal sinnvoll sein – es kommt eben darauf an! Es gibt keine pauschalen Antworten mehr. Wir leben in einer Welt, die immer diversifizierter wird. Mikro-Targeting für Mikro-Zielgruppen sozusagen. Daher kommt aus meiner Sicht darauf an, in welcher Wachstums-Phase sich ein Franchise-System befindet, ob eine Nutzung von Franchise-Portalen rechnet oder nicht.
Die Identifikation der sogenannten Hot Audience ist die Voraussetzung für eine gezielte Ansprache. Was ist dabei zu beachten?
Aus meiner Sicht erleben wir aktuell eine „Vertrauens-Rezession“, d.h. Menschen werden immer skeptischer, wollen sich besser informieren und haben durch die Möglichkeiten der digitalen Welt auch Gelegenheit dazu: Vergleichsportale, öffentliche Kunden- und Mitarbeiter-Bewertungen und Vieles mehr machen es heute für den potenziellen Kunden viel einfacher, sich das Beste für ihn „herauszupicken“. Ich finde das auch gut so, mache ich auch! Wir als Franchise-Branche müssen uns also darauf einstellen, diesem Bedürfnis, das gerade im Moment durch COVID, Krieg, Banken- und Wirtschaftskrise noch einmal zusätzlich befeuert wird, zu begegnen. Wie geht das aber? Wir erzielen gute Erfolge mit einer datenbasiert geplanten Vertriebs-Strategie, die vom ersten Moment an auf Beziehungs- und Vertrauens-Aufbau ausgerichtet ist. So können wir zum einen das jeweilige Franchise-System von Anfang an verkaufen und filtern durch bestimmte Maßnahmen die qualifizierten Interessenten mit genügend Eigenkapital und in den gewünschten Regionen heraus.
Was wäre dein Rat?
Ich kann nur raten, jetzt aktiv und vor Allem unabhängig von externen Lead-Lieferanten zu werden und diese Prozess-Strukturen für das eigene System aufzubauen.
Wir sehen gerade, dass die Systeme, die sich frühzeitig um eine entsprechende Infrastruktur bemüht und eine autarkes, und digitales Franchisenehmer-Akquise-System aufgebaut haben, ein Wachstum gegen den Branchen- und Gründungstrend hinlegen. Bestes Beispiel ist Storebox aus Wien, die in kurzer Zeit über 300 Partner-Standorte in Europa platzieren konnten.

Was ist denn deren Erfolgsgeheimnis?
Zum einen muss man fairerweise dazu sagen, dass Storebox sehr gut kapitalisiert ist und genügen Geld in der Kasse hat. Zum anderen ist es ein Geschäftsmodell mit hohem Digitalisierungsgrad, dass sogar einen nebenberuflichen Start ermöglicht – sicher auch ein gutes Mittel, um dem aktuell sehr stark ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis der Menschen entgegen zu kommen. Ich glaube, die Franchise-Branche kann von solchen Ansätzen lernen und muss hier neue, kreative Ansätze fahren und den einen oder anderen altbekannten Pfad verlassen.
Vertrauen in die Marke aufbauen ist die Losung der Stunde, wie gelingt das angesichts überbordender Fake-News?
Eine komplexe Frage – ich versuche mal eine kurze Antwort zu finden…
Das Vertrauen in eine Marke gelingt zum einen nicht von heute auf morgen, das schon mal grundsätzlich. Ich brauche natürlich ein gutes Fundament, z.B. ein qualitativ hochwertiges Produkt, eine Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement, aber – um mal in unserem Bereich zu bleiben – Kenntnis über die modernen Wege der Kommunikation im digitalen Zeitalter und vor allem drei Punkte:
1. Klarheit – welche Maßnahmen zahlen wirklich auf meine Ziele ein?
2. Strategie – wie setze ich diese Maßnahmen im Rahmen meiner Gegebenheiten um?
3. Messbarkeit – wie kann ich alle Maßnahmen messbar machen, damit ich die in der Strategie erarbeiteten Hypothesen daten-basiert bewerten und ggf. anpassen kann.
Übrigens, da wir ja hier ein Interview mit einem Print-Magazin machen:
Print ist nicht tot – im Gegenteil: klassische PR-Arbeit sollte immer auch Teil der Strategie sein und auch ein Outreach über einen Postversand kann in bestimmten Fällen sehr gute Conversions erzielen, die ich auch (z.B. über QR-Codes) messbar machen kann.
Das Stichwort ist hier Omnichannel – und dafür brauche ich ein Set an Spezialisten, die gemeinsam und vor Allem koordiniert eine definierte Strategie auf diversen Kanälen bedienen. Da hapert es oft dran…
Das Image der Marke Franchising wird immer wieder durch die unter andrem vom Team Wallraff bei RTL aufgedeckten Skandale angekratzt. Hinzu kommen interne Querelen beim DFV mit dem unfreiwilligen Abschied von drei Geschäftsführern in den letzten Dekaden. Macht die Mitgliedschaft dennoch Sinn?

Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten. Wir waren von 2018 bis Ende 2022 als Assoziierte Experten im Franchiseverband aktiv und haben über den „Ausschuss Partnergewinnung“ viel Know-How in den Verband gebracht.
Aktuell sind wir kein Mitglied mehr, weil wir für uns den Mehrwert nicht sehen. Trotzdem sind wir im Austausch und vielleicht ändert sich das auch wieder.
Was das Image von Franchising in Deutschland angeht, brauchen wir dringend neue Initiativen und müssen auch hier neue Wege gehen. Wir haben aktiv den Kontakt zu neuen Plattformen und Netzwerken gesucht und planen beispielsweise für 2025 eine „Franchise Area“ beim FOUNDER SUMMIT in Wiesbaden.
Bei dieser Veranstaltung kommen jedes Jahr im April über 8.000 junge Gründungswillige, Gründer und Unternehmer auf der mittlerweile größten Gründer- und Unternehmerkonferenz Deutschlands zusammen.
Darüber hinaus hat der Veranstalter „Entrepreneur University“ ein aktives Netzwerk von über 100.000 Menschen, die sich für diese Themen interessieren und über Online-Communities, Social Media, eine eigene Streaming-Plattform in Kooperation mit Amazon Prime und ein eigenes Podcast-Format erreicht werden.
Wir erreichen dort eine Zielgruppe – unter 35 Jahren – die bisher über klassische Wege wie Franchise-Portale nur zu 10% erreicht werden. Für mich eine Riesen Chance für die ganze Branche, daher haben wir hier auch die Initiative ergriffen.
Wir wollten natürlich auch den Franchiseverband einbeziehen, aber dort bestand „aktuell kein Handlungsbedarf“ – was mich schon erstaunt hat, muss ich sagen. Aber vielleicht braucht es erst Pioniere wie uns, die das Feld bereiten, bevor sich etablierte Strukturen bewegen. Wir werden sehen.
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Zur Person:
Timo Marschall, Founder & CEO von FRANCHISE 4.X

Der Unternehmer und Franchise-Experte begann seinen beruflichen Werdegang im Jahr 2001 in der Köln/Bonner Agentur-Szene mit dem berufsbegleitenden Studium Marketing-Kommunikationswirt (WAK). Nach einem kurzen Abstecher zum Studentenmagazin und Uni-Vermarkter UNICUM wechselte er 2005 zum Franchisegeber Schülerhilfe. Bis 2017 war er dort als Manager in verschiedenen Positionen – zuerst im Marketing, ab 2008 im Franchise-Bereich – tätig, leitete einige Jahre den Franchise-Innendienst und kommissarisch die Franchise-Expansion, bevor er zuletzt als regionaler Vertriebsleiter für rund ein Drittel der deutschen Franchise-Standorte verantwortlich war. Seit 20018 ist er mit FRANCHISE 4.X fester Bestandteil der deutschen Franchiseberater-Szene und war von 2018 bis Ende 2022 auch Mitglied im „Ausschuss Partnergewinnung“ des Deutschen Franchiseverbands.
Mit dem selbst entwickelten FranchiseGrowth-Prozess verhilft Timo Marschall Franchisesystemen zum Wachstum – digital, messbar und nachweisbar erfolgreich.