Daten-Zukunft im Franchising

INTERVIEW mit Hans Vogel, Spezialist für zeitgemäßes Management in Franchise-Systemen

Herr Vogel, ist der Hype um die Digitalisierung nur eine verebbende Welle oder ein Paradigma-Wechsel in der Wirtschaft?

Vogel: Unternehmen wie Amazon, Zalando aber auch Google und Facebook sind deshalb so erfolgreich, weil sie so viele Daten wie möglich von und über ihre Kunden sammeln und dann auswerten. So können sie immer besser die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Kunden erkennen und dann erfüllen. Diese Erfolgsbeispiele zeigen wie Newcomer heutzutage die Spielregeln radikal verändern und sich an die Spitze von Märkten setzen. Daher fällt die Prognose leicht: Die Digitalisierung wird vor den Franchise-Systemen nicht Halt machen. Dieser Herausforderung müssen sich die Franchise-Systeme stellen und mittels ständiger Innovationen ihrer Produkte und Dienstleistungen begegnen. Dieser Innovationsprozess gelingt aber nur auf der Basis von Daten aus der Prozess-Durchführung der Management-Systeme sowohl in der Franchise-Zentrale und in den Franchise-Betrieben.

Was kommt also auf die Franchise-Systeme zu?

Franchise-Systeme stehen im Wettbewerb mit anderen Vertriebs-Systemen und müssen sich wie alle Unternehmen in dynamischen Märkten schneller anpassen. Dazu gehört außerdem die Beachtung der immer individuelleren Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden. Diese sind künftig von den Franchise-Systemen agiler sowie effektiver und effizienter zu erfüllen.

Vor allem stationäre Konzepte sind prekär, denn sie stehen im harten Wettbewerb mit Online-Modellen und zudem entstehen in fast allen Branchen laufend neue Geschäfts-Modelle. Darunter befinden sich vermehrt auch disruptive Geschäfts-Modelle, die alten Konzepten die wirtschaftlichen Grundlagen entziehen können. Denken Sie beispielsweise an Uber und den Taxis. Daher sind auch Unternehmen, die das Franchising als Vertriebs-Modell einsetzen, gut beraten, sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen.

Um dauerhaft erfolgreich zu bleiben, müssen die Franchise-Systeme daher regelmäßig den Nutzen ihrer Produkte und Dienstleistungen bei den Kunden abfragen. Eine systematische Kunden-Kommunikation informiert die Franchise-Systeme von den heutigen Problemen und künftigen Wünschen ihrer Kundschaft.

Genügt die schon vorhandene Daten-Technik für den Sprung in die digitale Zukunft nicht aus?

Vielleicht hilft eine Analogie zum Verständnis: Kein Computer läuft ohne ein Betriebs-System. Diese Software ist das Herzstück eines jeden Computers und muss permanent upgedatet werden. Das ist Allgemeinwissen. Doch ebenso „läuft“ kein Unternehmen, also auch kein Franchise-System mit der Franchise-Zentrale und den Franchise-Betrieben, ohne Management-System. Nur mit einem prozess-orientierten Management-System ist ein Unternehmen im digitalen Zeitalter in der Lage, Produkte herzustellen bzw. Dienstleistungen in der von den Kunden gewünschten Qualitätsstufe zu erbringen.

Die Daten sind somit der Rohstoff der Zukunft im Franchising. Daten entstehen in den Prozessen des gesamten Franchise-Systems, also

  • in den Franchise-Betrieben vor allen von und über die Kunden und

  • in der Franchise-Zentrale vor allem aus Marktbeobachtungen,
    Trendanalysen und etwa Kundenbefragungen.

Welche Bedingungen müssen Franchise-Systeme erfüllen, um den Daten-Schatz zu heben?

Grundlage jeder Digitalisierungs-Strategie ist ein prozess-orientiertes Management-System. Nur Prozesse liefern die für die Digitalisierung notwendigen Daten. Auf diese Weise können die damit verbundenen Steigerungen der Effektivität und Effizienz sowie der Agilität erkannt und genutzt werden.

In den Franchise-Zentralen und in den Franchise-Betrieben fehlen jedoch oftmals eine Aufbau-Organisation sowie eine Ablauf-Organisation. Ohne diese beiden Organisations-Formen wird es für Franchise-Systeme schwer, sich im digitalen Zeitalter zu behaupten.

Gleichwohl haben Franchise-Systeme einen handfesten Vorteil – ihre System-Handbücher. Erfolgreiches Franchising bedeutet, dass man über ein erprobtes, standardisiertes und übertragbares Geschäfts-Modell verfügt, das hinlänglich dokumentiert ist. Nur das spezifische Know-how ermöglicht es den Franchise-Nehmern das Franchise-Konzept rentabel an ihren Standorten umsetzen.

Welche Ressourcen bedarf es – Manpower, Zeit und Kosten – Ihrer Schätzung nach?

Die vom Franchise-Geber bereitzustellenden Ressourcen sind nicht an die Anzahl der Partner gekoppelt. Der erste Schritt sollte ein Self-Assessment seitens des Franchise-Gebers als Bestandsaufnahme für sein Franchise-System sein. Auf meiner Homepage www.franchisehandbuch.de habe ich einen Download eingerichtet. Dort kann jeder ein Dokument für ein Self-Assessment herunterladen.

Danach sollte ein Workshop durchgeführt werden, in dem die künftige Strategie des Franchise-Systems erarbeitet wird. Die Umsetzung dieser Strategie erfolgt dann über die identifizierten und dokumentierten Prozesse in der Franchise-Zentrale und in den Franchise-Betrieben. Dabei gilt stets: Die Prozesse folgen der Strategie und die Informations-Technologie (IT) folgt den Prozessen.

Der digitale Wandel in einem Franchise-System ist Aufgabe des Franchise-Gebers. Er muss sicherstellen, dass das Projekt Digitalisierung von der Franchise-Zentrale und von den Franchise-Nehmern umgesetzt wird. Ein Beirat könnte z.B. an der Strategie-Entwicklung beteiligt werden.

Eine Aussage zu den Kosten der Digitalisierung ist nicht möglich. Dazu sind die Franchise-Systeme viel zu unterschiedlich. Sehr preisgünstig wird’s wohl nicht, aber es geht letztlich um die Erhaltung der Geschäftsfähigkeit des Franchise-Systems im digitalen Zeitalter.

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