Love & Food: Vapiano Monopoly

Vapianao-Gründer: Hahne, Findeis, Gerlach, Silz, Rader

Mit vier Investoren versucht Ex-Vapiano-Vorstand Mario C. Bauer einen Neuanfang mit dem Deutschen Italiener

Am Anfang stand ein Quartett: Gregor Gerlach, Mark Korzilius, Kent Hahne und Klaus Rader eröffneten am 22. Oktober 2002 ihr erstes Vapiano in Hamburg. Zwei Jahre später entschieden sich die Vier für den Expressweg in der Expansion: Franchising. Anfang 2020 besetzte die Restaurant-Kette 230 Standorte einschließlich Franchisepartnern in 33 Ländern, darunter Australien, China, Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten. In Deutschland gibt es 55 Restaurants, die vom staatlich verordneten Lockdown betroffen erst das ganze Desaster offenbarten. Es folgte der totale Absturz bei einem Loch von 40 Millionen Euro in der Kasse des in Köln domicilierenden Konzerns.

Die VAPIANO SE stellte im April 2020 beim Amtsgericht in Köln einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und suchte bis dato einen Käufer für die 30 in eigner Regie betrieben Restaurants. Hinzu kommen fünf Anteile an Joint-Ventures, die VAPIANO gemeinsam mit einem lokalen Partner in Münster Osnabrück, Bielefeld, Ulm und Australien führt. Rund zwei Dutzend Restaurants werden ausschließlich von Franchisenehmern betrieben, die von dem drohenden Konkurs zwar verschont blieben aber den Imageschaden mittragen. Ihre Restaurants in NRW liegen unter anderem in Aachen, Duisburg, Münster oder Wuppertal. Einer der bislang erfolgreichen Franchisenehmer, Joachim Rehkämper aus Münster, sprang nun der klammen Franchise-Zentrale bei und versucht aktuell in der neu geschaffenen Funktion des Vice President Vapiano Germany im Management, zu retten, was noch zu retten ist. Auch seine Ultima Ratio gilt dem raschen Verkauf der Regie-Restaurants.

Deus ex Machina

Als Retter in der Not wie in der griechischen Tragödie betrat Ex-Vorstand Mario C. Bauer die Bühne im schier unendlichen VAPIANO-Drama. Mario C. Bauer sichert sich zusammen mit seinem Investorenteam nach dem Kauf von 29 Vapianos in Frankreich und Luxemburg für weitere 15 Mio. Euro nun auch die Marke und zahlreiche deutsche Restaurants. Die Franchise-Restaurants in Deutschland blieben jedoch außen vor. Die 17 Franchisenehmer von Vapiano legten zwar gleichfalls ein Angebot vor, kamen aber nicht zum Zuge. Der frühere Top-Manager der Pizza & Pasta-Kette kommt nicht allein daher. Im Schlepptau zieht er ebenfalls ein Quartett von Hochkarätern aus der Branche mit. Henry Mc Govern, Sinclair Beecham, Familie van der Valk und – man höre und staune: Gregor Gerlach.

Die Investoren sind allesamt gut betucht und mit dem Tagesgeschäft vertraut. So wie der legendäre VAPIANO-Mitgründer, der seine Anteile an die Erben des TCHIBO-Konzerns verkaufte, ist auch der Amerikaner Mc Govern ein Selfmade-Millionär. Mc Govern ist Gründer von Europas größten Multi-Konzept-Restaurantbetreiber Amrest, der erst kürzlich nach 25 Jahren Aufbauarbeit Kasse machte und ein neues Investment sucht. Die Familie Van der Valk gehört in den Niederlanden zu den Hotel-Dynastien und war einer der ersten internationalen Franchisepartner von Vapiano. Das Familienunternehmen hat seinen Ursprung in einem 1862 eröffneten Café in Voorschoten und umfasst heute 93 Hotels. Das erste Hotel in Deutschland wurde 1986 in Moers eröffnet. Heute ist der Van der Valk-Konzern mit neun Hotels, zwei Ferienresorts, zwei Skihallen, einer Wasserski-Anlage sowie weiteren Touristikbetrieben auf dem deutschen Tourismusmarkt präsent. Mit Vicent und Winny van der Valk lenken zwei Urenkel des Gründers die Geschäfte in Deutschland von Moers aus.

Reimann folgt Harf

Sinclair Beecham wiederum ist Gründer von Pret A Manger, der angesagten Sandwich-Kette in Großbritannien, die sich 2018 ebenfalls ein Großinvestor schnappte: Die Unternehmerfamilie Reimann, sie zählt zum erlesenen Clan der Milliardäre mit einem von 11 Mrd. Euro auf bis zu 33 Mrd. Euro geschätzten Vermögen, das seinen Ursprung in der Chemiefirma Benckiser hatte. Reckitt Benckiser ist ein börsennotierter Hersteller von Reinigungsprodukten und Haushaltswaren wie Calgon, Durex oder Sagrotan und mit Niederlassungen in 60 Ländern präsent. Der Hauptsitz befindet sich in Slough, westlich von London.

Der strategische Kopf hinter dem jüngst eingefädelten Deal ist Peter Harf, Chairman der JAB Holding Company s.à r.l. die das Vermögen der Reimanns verwaltet zu dem unter anderem eine Mehrheitsbeteiligung am Parfümhaus Coty und dem Kaffeehersteller Jacobs Douwe Egberts, Anteile an Reckitt Benckiser, sowie zahlreiche weitere Beteiligungen gehören.

Der gebürtige Rheinländer, Jahrgang 1946, studierte und promovierte in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Köln. In Harvard machte er den MBA. Seine erste berufliche Station absolvierte er als Berater bei der Boston Consulting Group. Anfang der Achtzigerjahre wechselte er zur Ludwigshafener Reckitt-Benckiser-Gruppe der Familie Reimann. Seither baut er ein weltweites Imperium abseits der Chemie auf zudem etliche Franchise-Systeme zählen.

Schub durch Corona

Zukunftsängste plagen den Major Domus der Reimanns nicht. Die Coronakrise beflügelt laut Harf im Interview mit dem HANDELSBLATT sogar die meisten Firmen von JAB: „Unser Kaffeegeschäft ist im Aufwind, der Umsatz steigt. Wir erwarten Rekordergebnisse.“ Wegen Corona säßen die Leute nun zuhause, langweilten sich und tränken Kaffee, so Harf. Demnächst kommt außer Haus wieder Pizza oder Pasta auf den Tisch. Denn gegessen wird immer – darauf vertrauen die langfristig denkenden Strategen in den Family Offices, die wie Peter Harf beim Franchise-Monopoly kräftig mitmischen.

Die fix gegründete “Love & Food Restaurant Holding” soll künftig für positive Schlagzeilen und Ergebnisse des „Deutschen Italieners“ sorgen. Darauf wird Peter Harf schon achten und notfalls nicht so lange fackeln, wie es die bisherigen Hauptgesellschafter, die Familie Herz, die ein Milliarden- Vermögen mit Tchibo machten und viele Millionen bei Vapiano verheizten.

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