DFV auf der Kippe, III.Teil

Prof. Dr. Utho Creusen - Ingolstadt

Das Waterloo an der Elbe fand sein spätes Echo an der Spree: Will man den aktuellen „Fall Brodersen“ in die Historie des DFV einordnen, kommt man an Professor Dr. Utho Creusen, einst Personal-Vorstand bei OBI, nicht vorbei. Der schlaksige Beau zählt zu den DFV-Präsidenten, die mit der Wahl ihres Geschäftsführers wie auch Udo Floto (EISMANN) keine glückliche Hand bewiesen und obendrein ein Politikum provozierten. Der ehemalige Adlatus von Manfred Maus, dem Urgestein des Franchisings in Deutschland und Mitgründer von OBI, ging nicht nur mit der „Causa Opherk“, sondern auch mit seiner radikalen Wende in der Verbandspolitik, in die Annalen ein.

In einer Hauruck-Aktion sollte bei DFV–Mitgliederversammlung im Mai 2001 die Weichen dafür umgestellt und eine Satzungsänderung beschlossen werden. Selbst die Mitgliedschaft von schlecht beleumundeten Multi-Level-Organisationen schien nunmehr kein Problem zu sein, um so mit der wachsenden Mitgliederzahl das Etikett eines Leichtgewichts unter den Lobbyisten in Berlin abzustreifen. Gemeinsam mit seinem Mann fürs Detail, Ulrich Opherk, sollte der große Sprung nach vorn, als genial erdachte Strategie offensiv verkauft, gelingen. Doch gegen die hierfür notwendige Satzungsänderung argumentierten das Gründungsmitglied des DFV, der Münchner Berater Dr. Jürgen Knigge, ebenso vehement wie der Wirtschaftsjournalist Knut S. Pauli, Geschäftsführer der ADVISA Wirtschaftskommunikation aus Monheim am Rhein, der damals noch zahlendes Mitglied war. Das Duo blockte mit seinen Argumenten pro Franchising als ein Solitär in der Kooperationslandschaft den von Opherk zu exekutierenden Präsidentenplan und nahm den Richtungskampf bei der denkwürdigen Mitgliederversammlung in Dresden auf. Die drohende Beschädigung der Marke Franchising konnte sodann durch den Mitgliederentscheid in allerletzter Minute noch abgewendet werden. Dresden geriet zum Waterloo des Präsidenten, der zum Jahresende 2001 seinen Amts-Sessel räumte.

Machd eich eiern Drägg alleene!“

In der Kaffee-Pause vor der alles entscheidenden Abstimmung scheute der nicht nur intellektuell, sondern auch körperlich imposante Präsident, einmal in Rage, nicht davor einen der Sachgegner sprichwörtlich zur Brust zu nehmen und erstmals laut mit seinem Rücktritt zu drohen. Seine Worte wählte er frei nach dem Bonmot des sächsischen Königs Friedrich August, der am 10. November 1918 am gleichen Ort, seine Abdankung so kommentierte: „Machd eich eiern Drägg alleene!“ Die einer Majestätsbeleidigung gleichkommende schallende Ohrfeige, von den für einen strikten Franchise-Kurs einstehenden stimmberechtigten Mitgliedern, folgte prompt. Das hatte die zuvor angedrohte Konsequenz: Prof. Dr. Utho Cruesen trat vor der Zeit von seinem Amt zurück und machte den Weg frei für seinen Nachfolger: Dr. h.c. Fröhlich, dem Retter des DFV, den allerdings die Altlast der „Causa Opherk“ mit dem damit verknüpften Prozessrisiko drückte; was die Stimmung im DFV auf Jahre dämpfte.

Schützenhilfe für die Renegaten

Die drohende Beschädigung der Marke Franchising in Folge der Öffnungsstrategie von Prof. Dr. Utho Creusen und Ulrich Opherk blockte der Mitgliederentscheid in allerletzter Minute. Die Intervention von Dr. Jürgen Knigge und Knut Pauli verfing. Mit ihrer Argumentation lagen die beiden Renegaten goldrichtig. Ein internes Schreiben des ehemaligen DFV-Geschäftsführers Hans Lang, der schon als Sekretär für den Verbands-Initiator Dr. Skaupy arbeitete, bestätigte die Beurteilung der Lage. Der Kernsatz aus seinem „Memorandum der Misswirtschaft“ in der Amtszeit von Creusen / Opherk lautet: „Beim Franchising hat jetzt ja der Netzwerkbegriff hohe Konjunktur. Franchising war schon immer ein Netzwerk. Die etikettenhafte, den Begriff Franchising ersetzende Verwendung hat erst einmal den Nachteil, dass die Strukturvertriebe (Multilevel), die sich seit einigen Jahren als Networker unter der Gattungsbezeichnung Networkmarketing generieren, unverdient Aquisitionshilfe erhalten“.

Ohne Angst sich die Finger zu verbrennen, griff Hans Lang, weitere heiße Eisen aus der Verbandsarbeit vergangener Jahre auf. Dazu zählte das Gesetz gegen Scheinselbständigkeit, womit Kanzler Gerhard Schröder dereinst Stimmung im Lande machte. Bei der unter dem Rubrum „Lex Eismann“ geführten öffentlichen Debatte rückten alsbald alle Franchise-Systeme unter den Generalverdacht des Sozialbetruges. Der DFV-Präsident geriet ins Visier der Öffentlichkeit und nahm seinen Hut. Die drohende Aufweichung des Franchise-Begriffes in der Ära Creusen konnte zwar in allerletzter Minute verhindert werden, doch erneut blieb ein DFV-Präsidenten auf der Strecke. Kurz nach „Eismann“ Udo Floto folgte der vorzeitige Abtritt seines Nachfolgers: OBI-Manager Utho Creusen.

Den von zwei unglücklich agierenden DFV-Präsidenten aufgetürmten Scherbenhaufen kehrte schließlich Dr. h.c. Dieter Fröhlich ohne Murren zusammen und sicherte so dem DFV sein Überleben im Reigen der Berliner Lobbyverbände. Beim Aufräumen half Torben Leif Brodersen. Erst in der Ära Fröhlich schwamm der DFV wieder in etwas ruhigeren Fahrtwasser – abgesehen von den negativen Schlagzeilen von Burger King oder Subway – und kam sichtlich voran. Darauf konnte der amtierende DFV-Präsident Kai Enders aufbauen und eigene Akzente setzen, was ihm in der Pandemie-Krise und bei der Mitgliedergewinnung durchaus gelang. Aktuell kratzt der Eklat mit Brodersen allerdings am DFV-Image; ein Nordlicht wie aus dem Bilderbuch, dem man seinen Lapsus bei etwas Einsicht womöglich verziehen hätte. Doch es kam anders.

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