DFV-Skandal um Brodersen

Torben Brodersen

Und ewig lockt der Mammon: Am Rande der Mitgliederversammlung des Deutschen Franchise Verbandes (DFV) Mitte Mai 2022 in Berlin wurde bekannt, dass Torben Leif Brodersen mit sofortiger Wirkung seinen Posten als Hauptgeschäftsführer aufgibt – nach fast 20 Jahren. Die Hintergründe, der lediglich im Nebensatz der Pressemitteilung zur Tagung gelüfteten spektakulären Personalie, blieben zunächst im Dunkeln. Zog es den ehrgeizigen Lobbyisten zu einer nächst größeren Herausforderung im Verbands-Mekka an der Spree so wie seinen Vorgänger Ulrich Opherk oder verwirklicht er sein eigenes Ding etwa auf der diesjährigen Franchise-Messe? – Das abrupte Ende öffnete Spekulationen Tür und Tor.

Wie nun mit Verspätung aus Kreisen des DFV durchsickert, geschah sein urplötzlicher Abgang nicht ohne arbeitsrechtlichen Anlass. Bei der gleichfalls während der Tagung durchgeführten Kassenprüfung fielen etliche wohl rein privat veranlasste Taxi-Quittungen auf. Der gezielten Nachfrage von DFV-Präsident Kai Enders, im Hauptberuf Vorstand beim Makler-Multi Engel & Völkers, wich der Konfrontierte aus und konterte. Statt einen Formfehler einzuräumen und gar Reue zu zeigen, kündigte Brodersen anwaltlichen Beistand an. Im Augenblick verhärteten sich die Fronten. Es kam zum Bruch – stante pede – freilich in seiner diplomatischen Variante, um womöglich Prozesskosten zu vermeiden. Denn um die teure Erfahrung mit langwierigen Prozessen mit Ex-Geschäftsführer ist der DFV reich gesegnet. Dazu später.

DFV_Präsident-Kai-Enders
DFV_Präsident-Kai-Enders

Frisch ans Werk mit Jan Schmelzle

DFV_Geschäftsführer Jan Schmelzle
DFV_Geschäftsführer Jan Schmelzle

Dieses Mal sollte der Cut ohne Aufsehen, möglichst geräuschlos über die Bühne gehen. Unter vier Augen einigten sich Enders und Brodersen auf einen Aufhebungsvertrag, einschließlich des obligaten Dankeschön für die geleistete Arbeit. Die Position des Hauptgeschäftsführers wurde bis auf weiteres nicht neu ausgeschrieben. Der bisherige Zweite Mann, Geschäftsführer Jan Schmelze, übernahm das Zepter. Nun herrscht wieder Ruhe in dem eingespielten Team in der Verbandszentrale; die Zeiten interner Querelen und Krach im Hierarchie-Gebälk sind mit dem sang- und klanglosen Abgang offensichtlich vorbei.

Der vom Ehrenpräsidenten Dr. h.c. Dieter Fröhlich einst angeheuerte Hoffnungsträger Brodersen brachte zur DFV-Karriere bis zur Rente alles mit. Seine Erfahrungen auf dem politischen Parkett der Hauptstadt-Bühne sowie seine Mitgliedschaft im Musikerkreis der Abgeordneten, gaben wohl den Ausschlag, als Dr. h.c. Fröhlich, Gründer der Musikschule Fröhlich und selbst passionierter Musikus, die rechte Hand für das Tagesgeschäft in Berlin suchte. Nach dem Studium der Politikwissenschaften in Kiel und Berlin arbeitete Torben Leif Brodersen zunächst als Assistent in der CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holsteins. 1999 wechselte er als Assistent des MdB Wolfgang Börnsen (CDU) nach Berlin. 2002 übernahm Brodersen die Geschäftsführung des Verbandes und war auch für Fröhlichs Nachfolger, Kai Enders, der richtige Mann am richtigen Platz. Seit 2004 fungierte Torben Leif Brodersen zudem als Vorstandsmitglied der European Franchise Federation (EFF) und seit 2011 lenkte er die Geschäfte des Deutschen Franchise Instituts (DFI). Erste Berührungen mit dem Thema Franchising hatte Brodersen bereits zum Start seiner Laufbahn. Als „Spin-Doktor“ des Abgeordneten Börnsen begleitete Brodersen eine parlamentarische Initiative rund um das Thema Franchising. Ein Zufall in der Karriere des Hanseaten und Glücksfall für den DFV, der mit ihm erst wieder in ruhigeres Fahrwasser geriet.

Die Causa Opherk drückt auf das Verbandsklima

Gleich zu Beginn seiner von 2002 bis zum Jahr 2016 währenden Amtsperiode als DFV-Präsident wartet eine Kerner-Aufgabe auf Dr. h.c. Fröhlich.

Denn bei der Inspektion der Amtsgeschäfte seines Vorgängers Professor Dr. Utho Creusen und der Aktivitäten des hernach geschassten Geschäftsführers Ulrich Opherk erwies sich die DFV-Zentrale als Augias-Stall, der einer Säuberungsaktion bedurfte. Bei der internen Bestandsaufnahme geriet die Personalie Opherk ins Visier. Genauer dessen Anstellungsvertrag. Mit seiner Unterschrift vom 11. Juni 2001 sicherte der OBI-Personal-Vorstand und DFV-Präsident Creusen „unter Aufhebung aller früheren Vereinbarungen“ Opherk den üppig dotierten Chefsessel beim DFV. Danach erhielt der Geschäftsführer ein Jahressalär von 260.000 Euro – zahlbar in 13 Raten, die Weihnachts-Dotierung gemeinsam mit dem November-Gehalt. Hinzu kam ein nicht gedeckeltes, weil auch nicht budgetiertes Spesenkonto. Dazu on top 30 Arbeitstage Jahresurlaub.

Dr. h.c. Dieter Fröhlich, Musikschule Fröhlich
Dr. h.c. Dieter Fröhlich, Musikschule Fröhlich

Das war zuviel für einen hart arbeitenden Unternehmer wie Dr. h.c. Fröhlich. Die Neuausrichtung des Franchiseverbandes erforderte nach dem Eklat mit dem ZGV, der den DFV samt Verbands-Boss Opherk schlucken wollte, schon alle Kräfte. Die Mitglieder klärte Dieter Fröhlich flugs auf. „Aufgrund zusätzlicher Vorkommnisse, die uns in den letzten Tagen bekannt wurden, hat der Verband gestern (4. Juli 2002) geschlossen, Herrn Opherk als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung, gemäß § 14 unserer Satzung, abzuberufen und sich von ihm zu trennen“, verkündete der DFV-Präsident in seinem Mitglieder-Rundschreiben vom 5. Juli 2002. Über lange Zeit hinweg diktierten die wirtschaftlichen Risiken der „Causa Obherk“ die Tagesordnung auf den Mitgliederversammlungen des DFV. Über die Zukunft des Franchisings in Deutschland kein Gedanke. Eine bleierne Zeit.

Peanuts treffen nicht den Kern

Das über die Jahre eingespielte Team Fröhlich / Brodersen schulterte diese und manche weitere Last der Vergangenheit. Die ganze Tragik der DFV-Geschäftsführer wird schließlich erst mit einem Blick auf das Jahr vor dem Millennium klar. Der April 1999 ging in die Historie des Deutschen Franchiseverbandes (DFV) als Schicksalsmonat ein. Der damalige Präsident des Verbandes Udo Floto stolperte mit seinem Franchise-System EISMANN über die Hürden des Gesetzes gegen Scheinselbständigkeit und nahm freiwillig seinen Hut. Sein Verbandsgeschäftsführer Felix Peckert stolperte kurz davor über Geschäfte zugunsten seiner Bonner PR-Agentur und räumte unfreiwillig seinen Top-Job beim DFV.

Die läppischen Taxi-Quittungen von Torben Leif Brodersen sind gemessen an den finanziellen Einbußen der Vergangenheit lediglich „Peanuts“, um einen Deutsch-Banker zu zitieren, doch hier wie einst war das Vertrauen in die Person des (Haupt -) Geschäftsführers futsch.

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