10.000 Franchiser in Gefahr!

Franchise-Consultant Reinhard Wingral

Part 1

Franchising-Network sprach exklusiv mit Reinhard Wingral, Franchise-Consultant aus Eckernförde, der seit 1988 beim Aufbau und der Sanierung von Franchise-Systemen erfolgreich tätig ist, welchen Schaden die Pandemie in der Franchise-Wirtschaft verursacht, und wie Franchisenehmer und Franchisegeber jetzt durch die Corona-Krise kommen.

Der Internationale Währungsfons (IWF) rechnet mit der größten globalen Rezession seit dem Schwarzen Freitag in NY vor fast 100 Jahren. Die Wirtschaft in Deutschland soll danach um sieben Prozent schrumpfen. Wirtschaftsforscher Christoph Schmidt vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen verweist auf die Prognose der Wirtschaftsweisen, die mit einem Rückgang von 4,2 Prozent rechnen, weniger als in der Finanzkrise 2008. Auf Sicht geht es also erst einmal bergab. Hierbei trifft es laut Schmidt deutlich mehr Dienstleistungsunternehmen und viel mehr kleinere Unternehmen – beides zusammen charakterisiert die Franchisewirtschaft.

Franchising-Network: „Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?“

Reinhard Wingral:In der Tat – von der Branchenstruktur her rangiert inzwischen der Dienstleistungssektor deutlich vor dem Einzelhandel. Danach folgen Gastronomie und Touristik, am Schluss liegt das Handwerk. Das holt aber derzeit kräftig auf, weil zur handwerklichen Leistung die nutzbringende Beratung angeboten wird, wie zum Beispiel die Erlangung öffentlicher Förderung bei barrierefreien Umbauten für Senioren oder im Zusammenhang mit energetischer Sanierung. Daran wird auch die aktuelle Krise nichts ändern.

Nach Branchen sind primär Gastronomie, Hotellerie Einzelhandel und dann erst Dienstleister vom plötzlichen Umsatzeinbruch bei weiterhin laufenden Kosten wie Miete betroffen?

Das liegt doch auf der Hand. Dienstleistungen, die weder zeitlich vom Kunden nachgeholt werden können noch nach dem Corona-Spuk intensiver nachgefragt werden. Reiseticke-und Hotelbuchungen für einen bestimmten Termin, Events und Tagungen, oder auch nur einen Kneipenabend werden die Konsumenten nicht eins zu eins nachholen können, selbst wenn s es wollten. Die Idee, Gutscheine zu verteilen, verschiebt das Liquiditätsproblem nur im Kalender und im Insolvenzfall kann der Kunde sein Guthaben in der Regel komplett abschreiben.

Wie viele Franchise-Systeme stehen von den knapp 1.000, von denen etwa 300 bis 400 ein tatsächlich gut funktionierendes Geschäftsmodell lizensieren, jetzt auf der Kippe?

Von der großen Masse an systemechten wie vorgeblichen Franchise-Systemen dürften bis zu 30 Prozent nächstes Jahr nicht mehr am Markt sein. Denn viele leben von der ungezügelten Expansion und werden daher den aktuellen Stresstest nicht bestehen. Von der Schätzgröße 1.000 blieben somit 700 übrig. Beim harten Kern von soliden Franchisesystemen dürfte der Abschmelzprozess mit einer deutlich geringeren Quote von fünf Prozent zu Buche schlagen – also 15 bis 20 Franchise-Systeme.

Und bei den Franchisenehmern?

Da wackeln schätzungsweise bis zu 10.000 Existenzen, die damit verbundenen Arbeitsplätze noch nicht mitgerechnet. Bislang gab es schon viel zu viele Partner, die nicht annähernd so gut verdienen wie der eine oder andere Franchisegeber verkündet und die von daher kein finanzielles Polster aufbauen konnten. Die oft beschworene Win-Win-Situation erweist sich jetzt als Fata Morgana. – Franchising ist halt kein Allheilmittel, um unreife Geschäftsmodelle zum Laufen zu bringen. mehr

Fortsetzung folgt

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