Die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof

Galeria Karstadt-Kaufhof

Zwei Immobilienentwickler hegen große Pläne

Aktuell stehen zwei Sanierungsmodelle für die angeschlagene Warenhaus-Kette zur Disposition. Der Sahle-Plan und das Gerhards Konzept. Fragt sich nur, was macht Warenhaus- Tycoon René Benko, dem die Hälfte aller Filet-Grundstücken in den Cities gehören und welche Chancen können sich Franchise-Systeme ausrechnen?

Albert Sahle ist Eigentümer des traditionsreichen Karstadt-Hauses auf der Frankfurter Zeil, einer von Deutschlands besten Einkaufsstraßen. Trotz seiner Top-Lage steht das Haus auf der Streichliste von Frank Kebekus, dem Sachverwalter in dem laufenden Insolvenzverfahren von Galeria Karstadt Kaufhof. Die Gründe liegen auf der Hand: zu hoch die Miete, zu gering der Abstand zum nächsten Kaufhof an der Frankfurter Hauptwache. Kommt es zur Schließung wäre er „nicht böse drum”, vertraute Sahle dem SPIEGEL an. Denn das Kaufhaus sei für die Bedürfnisse des modernen Einzelhandels eigentlich ungeeignet. Das fange schon bei den zu niedrigen Deckenhöhen an. Seine Lösung: abreißen, für 60 Millionen Euro neu bauen: Supermarkt ins Untergeschoss, Drogerie oder Textilhändler ins Erdgeschoss und den ersten Stock. Darüber Büros und ein Hotel. Die Pläne liegen in seiner Schublade.

Derweil geht das Poker um die Filiale in der Hessen-Metropole erst einmal in die nächste Runde. Vermieter Sahle winkt mit über eine Million Euro Mietnachlass. Sein “letztes Wort”. Falls Frank Kebekus, darauf nicht eingehen sollte, stünde also dem radikalen Umbau Nichts im Wege. Erste Interessenten, darunter manche Franchise-Kette, klopften bereits an. „Wir könnten die Pacht verdoppeln”, frohlockt Sahle. Eine goldener Schnitt – machbar auch für andere Kaufhausbesitzer im Herzen der Städte zwischen Hamburg und München.

Brand Experience Space

Während Sahle jedoch noch in den tradierten Einzelhandels-Kategorien denkt und plant, will Stephan Gerhard, Hotel-Investor und Gründer der Beratungsgesellschaft Treugast, die leerstehenden Warenhäuser in “urbane Treffpunkte” umbauen. Gerhards Konzept gleicht einem Kessel Buntes: Handel, Wohnen, Kultur und Gastronomie alles unter einem Dach – offline wie online. Ins Kellergeschoss der ehemaligen Kaufhäuser zöge demnach wahlweise eine Diskothek oder eine Arena für E-Sports genannte Computerzocker, darüber eine Fläche für Pop-up-Shops, von Gerhard im SPIEGEL-Gespräch “Brand Experience Space” getauft, auf dem Markenhersteller sich wochen- oder monatsweise einmieten, um aktuelle Produkte zu präsentieren – die die Kunden hernach dem visuellen haptischen und olfaktorischen Live-Erlebnis bequem von daheim im Internet bestellen mögen.

Zudem viel Aktion am Platz. Dazu lädt eine Bühne für Modenschauen oder Veranstaltungen mit Influencern ein. Hinzu käme ein Apartmenthotel mit begrünten Wänden, ein “Hot Tub Cinema” und eine Etage für “Co-Working”. Für Attraktion im Dachgeschoss schließlich sorgt “Urban Farming”, Restaurant und Bar der gehobenen Klasse, ähnlich dem Neni in Berlin, das Gerhard mitentwickelte. Die Umbaukosten pro Standort: etwa 20 Millionen Euro, zahlbar vom Vermieter. Dafür verspricht der Entwickler die nächste Generation der „Kunden-Magneten” – und gleichbleibende oder gar höhere Mieterträge. Gerhards Vision: „Wir sind jung, urban, grün. Wir bringen die Menschen zurück in die Stadt.”

Beide Pläne haben ihren Reiz, aber was plant Warenhaus-Tycoon René Benko, dem die Hälfte aller in Frage kommenden Warenhaus-Immobilien von Galeria Karstadt Kaufhof gehören? – Ein Hauch von Zukunft weht bereits durch sein Kaufhaus Tyrol in Innsbruck. Zurzeit entsteht ein komplettes Stadtviertel in Bozen nach seinen Vorstellungen, die Gerhard´s Konzept toppen.

Und schließlich gibt es noch Betreiber des Warenhaus-Klassikers, die das augenscheinliche Auslaufmodell des Handels längst einer Frischzellenkur unterzogen haben und entgegen dem Trend weiter expandieren. Zum Beispiel BREUNIGER aus Stuttgart. Die jüngste Filiale des Familienunternehmens wird gerade in Nürnberg vom Reißbrett weg in Stahl und Beton gegossen. Und welche Rolle womöglich Franchise-Ketten auf den neu konzipierten und kalkulierten Flächen spielen könnten, entfacht gleichfalls viel Fantasie – von BODY Street im Keller bis zu Enchilada auf dem Dach eines rundum erneuerten City-Magneten in Benco´s Reich. Immerhin machte der Selfmade-Milliardär aus Austria schon seine eigenen Erfahrungen mit diesem Konstrukt. In der Startphase seiner Karriere arbeitete René Benko für einen deutschen Selfmade-Milliardär: Carsten Maschmeyer. Für dessen Finanzvertrieb AWD war schließlich Benco einst als Franchisenehmer unterwegs.

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